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Mummenschanz und Machtgespür: Wie Großunternehmer mit Söldnern die Macht übernehmen, während Altadel als Ritter kostümiert Turniere schlägt. Aufstieg des Condottiere Sforza unter den Visconti in Mailand um 1447

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Obwohl Ritter militärisch im 15. Jh. der Vergangenheit angehörten, liess sich der Herzog von Mailand in voller Rüstung darstellen. Dieser Podcast geht der Frage nach, welche Bedeutung Rittertum und Turnier zu Beginn der Neuzeit noch hatten.

 

Begleiten Sie uns auf unserer Reise durch die Welt des Geldes. Heute machen wir Halt in Mailand. Wir befinden uns in der Zeit irgendwann zwischen 1412 und 1447 nach Christus.

 

Nein, so ist der Herr von Mailand, der Herzog Filippo Maria Visconti, sicher nicht mehr in den Krieg gezogen, mit dieser schweren Ritterrüstung, auf dem Kopf einen Helm, der ihm auf dem Schlachtfeld jede Sicht geraubt hätte. Bei einem ordentlichen Krieg konnte man Ritter zu Beginn des 15. Jahrhunderts nicht mehr brauchen.

 

Bei den großen Festen dagegen, da machten diese eisernen Krieger immer noch eine gute Figur. Das Ritterturnier hatte sich zu einem edlen Sport entwickelt, an dem sich alles beteiligte, was Rang und Namen oder zumindest viel Geld hatte.

 

Filippo Maria Sforza hatte das alles. Er gehörte zu der Mailänder Herrscherfamilie der Visconti, die seit dem 13. Jahrhundert die Stadt kontrollierte.

 

Ihr Wappen, eine Schlange, die einen Menschen verschluckt oder vielleicht auch wieder ausspuckt, war damals in ganz Italien bekannt. Autofreunden kommt das Bild wahrscheinlich vertraut vor, denn es ist heute noch Teil des Logos von Alfa Romeo und weist so auf die Herkunft der Automarke aus Mailand hin.

 

Filippo Maria Visconti war der jüngere Sohn des Herzogs Gian Galeazzo. Als sein älterer Bruder bei einem Attentat ums Leben kam, übernahm er die Regierung. Er war ein begabter Politiker, der auf reichlich Geld zurückgreifen konnte. Einen großen Teil davon hatte er erheiratet. Die Witwe eines seiner Condottieri brachte ihm fast eine halbe Million Florin in die Ehe. Das war damals eine unglaubliche Summe.

 

Die neuen Herren Italiens waren nämlich die Condottieri, Großunternehmer in Sachen Krieg. Sie heuerten riesige Truppen von Söldnern an, die sie für unglaublich viel Geld vermieteten.

 

Manch eine Stadt, manch ein Herrscher ruinierte sich mit den Forderungen seines Condottiere. Selbstverständlich beschäftigte auch Filippo Maria Visconti solche fähigen Spezialisten für die Kriegsführung. Er selbst wollte mit diesem Geschäft nichts zu tun haben.

 

Es waren Männer wie ein Francesco Sforza, die für den fetten Filippo Maria Visconti die Schlachten schlugen.

 

Davon merkt man auf unserer Münze nichts. Der Mailänder Herzog stellt sich so dar, wie ihn seine Untertanen gerne gesehen hätten, sportlich, ein Sieger in der Politik und auf dem Turnierplatz.

 

Auf dem Kopf trägt er einen Turnierhelm. Solche Helme engten das Gesichtsfeld drastisch ein, schützten dafür aber Kopf und Nacken optimal. Darüber hinaus waren sie mit einem aufwändigen Helmschmuck verziert.

 

So ein Helmschmuck war aus vergänglichem Material, aus Holz, Stoff und Federn. Für eine Schlacht war das unpraktisch, nicht aber für ein Turnier, bei dem die Zuschauer am Helmschmuck ihren Favoriten problemlos erkannten.

 

Filippo Maria trägt natürlich das Wappen der Visconti auf dem Helm, die den Menschen verschlingende Schlange.

 

Es muss ein eindrucksvoller Anblick gewesen sein, wenn so ein gepanzerter Reiter auf seinem Pferd gegen die Feinde anritt. Es war eine Farbenpracht, von der uns diese Münze nichts ahnen lässt.

 

Die Pferde waren mit dicken, reich verzierten, bunten Decken umkleidet, die ihnen wenigstens einen gewissen Schutz boten. Die Ritter trugen bemalte Schilde. Hinter ihnen präsentierten ihre farbenfroh gekleideten Knappen das Wappen auf einer Fahne.

 

Auch wenn für unsere Augen so ein Turnier wie ein entsetzliches Durcheinander aussieht, die Zuschauer damals kannten die Regeln genau und urteilten sachkundig über Können und Versagen der Teilnehmer.

 

Darüber musste sich unser Filippo Maria Visconti natürlich keine Sorgen machen. Er war der Herzog, der Herr der Stadt, und das würden die Preisrichter zu würdigen wissen. Wahrscheinlich aber war Filippo Maria schlau genug, nicht mehr selbst zum Turnier anzutreten und stattdessen Kämpfer mit seinen Farben zu schicken.

 

Doch seine Goldmünze, oder wie Numismatiker sagen, der fiorino d’oro, ist vollständig vom Turnier beherrscht. Das Stück zeigt auch auf der Rückseite einen Turnierhelm mit Helmzier. Links und rechts davon liest man die Initialen des Herzogs, FI für Filippo und MA für Maria. Die Umschrift nennt seinen Titel DVX MEDIOLANI (Herzog von Mailand).

 

Fünfunddreißig Jahre lang trug Filippo Maria Visconti diesen Titel, für die Epoche der Renaissance eine ausnehmend lange Zeit. Aber er hatte keinen Sohn, sondern „nur“ eine Tochter. Sie wurde mit dem Condottiere Francesco Sforza verheiratet, der so seinem Schwiegervater als Herr über Mailand folgte.

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