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Prof. Reiner Eichenberger: Die Idee der globalisierten Politik

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Globalisiert die Politik!

In einem internationalen Markt für Politik würden sich sowohl die in- wie auch die ausländischen Politiker stark an den Bedürfnissen der Bürger orientieren. Genau so hätten sie auch viel wirksamere Anreize, ethnische und religiöse Konflikte möglichst neutral und konstruktiv zu lösen, weil auch das ihre Wahlchancen in anderen Ländern stark erhöht. 

Weltregierung ist keine Alternative

In vielen Ländern dürsten die Einwohner nach Wohlstand, Menschenrechten, und Demokratie, bekommen aber von ihren Regierungen nur das Gegenteil. Dabei kann ihnen auch die Weltgemeinschaft nur schwer helfen, wie deren Interventionen im Irak, Afghanistan, Libyen und vielen anderen Länder zeigen. Denn militärisch besetzen ist leichter als befrieden. Damit stellt sich die Frage nach besseren Alternativen.

Keine Alternative wäre eine Weltregierung. Denn sie wäre ein monopolistisches Ungetüm, das selbst zu Machtmissbrauch neigt. Eine viel fruchtbarere Alternative bietet internationaler politischer Wettbewerb. Im Zeitalter der Globalisierung sollte es doch möglich sein, so etwas wie einen „Internationalen Markt für gute Politik“ zu schaffen. Dazu müsste den Politikern und Parteien erlaubt werden, ihre Dienste nicht nur in ihrem Heimatland, sondern grenzüberschreitend anzubieten. Dadurch würden sich ihre Anreize dramatisch ändern. Heute haben Politiker in Entwicklungsländer kaum Anreize, sich an ihre schönen Wahlversprechen wie tiefere Steuern, weniger Korruption, mehr Demokratie und Dezentralisierung zu halten. Denn sobald sie an der Macht sind, profitieren sie von hohen Steuern, Korruption, Zentralisierung und Demokratieabbau. Im Gegensatz dazu hätten In- und ausländische Politiker, die auch in anderen Ländern kandidieren dürften, ein grosses Interesse, sich an Wahlversprechen zu halten. Denn damit könnten sie eine gute Reputation aufbauen, die Wahlerfolg in anderen Ländern brächte. Deshalb würden sich in einem solchen internationalen Markt für Politik sowohl die in- wie auch die ausländischen Politiker stark an den Bedürfnissen der Bürger orientieren. Genau so hätten sie auch viel wirksamere Anreize, ethnische und religiöse Konflikte möglichst neutral und konstruktiv zu lösen, weil auch das ihre Wahlchancen in anderen Ländern stark erhöht.

Professionalisierung von ortsunabhängigen Politikern

Mit der Zeit würden sich so auf die Reform von Problemländern spezialisierte internationale Politikanbieter entwickeln, die ihre Dienste in verschiedensten Ländern anbieten und ein enormes Wissen und Fähigkeiten aufbauen würden. Für diese positive Art der Professionalisierung von ortsunabhängigen Politikern gibt es ein interessantes Beispiel, wenigstens für die lokale Ebene. In Deutschland müssen die Bürgermeisterkandidaten keinen Wohnsitz zum Wahlzeitpunkt haben. Besonders offen ist der Markt in Baden Baden-Württemberg. Da können alle Deutschen als Bürgermeister kandidieren, ganz unabhängig von ihrem Wohnsitz und der Unterstützung durch lokale Parteien. Als Folge davon sind heute über 80 Prozent der Bürgermeister Auswärtige. Typischerweise versuchen neue Kandidaten zuerst mal in einer kleinen Gemeinde zu kandidieren und versuchen dann in grössere Gemeinden zu wechseln. Besonders interessant ist dabei, wie sie sich als Junge und Auswärtige für das Amt empfehlen: Viele besuchen eine Bürgermeisterschule und erlernen so, wie sie gute Bürgermeister sein können. Die Fachhochschulen bieten solche Ausbildungen für Bürgermeister an, weil es eine Nachfrage nach solchen Ausbildungen gibt, sobald die Politiker ortsunabhängig werden.

Natürlich gibt es gegen den Vorschlag unzählige Einwände, die ich aber für unbegründet halte. So wird immer wieder behauptet, die Bürger würden keine ausländischen Politiker wählen. Tatsächlich aber wählen die Bürger sehr wohl Ausländer, sobald es ihnen vorteilhaft erscheint. Ein Beispiel sind die EU: In allen Beitrittsländern hat sich die Bevölkerung dafür entschieden, dass in Zukunft nicht mehr ihre eigenen, sondern ausländische Politiker aus Brüssel das wichtigste Wort haben. Ein besonders interessantes Beispiel ist auch das Zeitalter der Podesta im Italien des 12. und 13. Jahrhunderts. Da haben die Stadtstaaten ganz systematisch das Regierungshaupt  – den Podesta  – aus anderen Städten rekrutiert, um so die schrecklichen internen Machtkämpfe zu vermeiden. Das System erwies sich als überaus erfolgreich und legte die Grundlage für ein unvergleichliches Aufblühen dieser Stadtstaaten.

Zu klären bleibt schliesslich die Frage, weshalb sich das System – abgesehen vom Zeitalter der Podesta – bisher nicht entwickelt hat, obwohl es gut wäre. Die Antwort ist einfach. Für ein einzelnes Land lohnt sich die Marktöffnung wenig. Es geht ja nicht darum, einfach ausländische Politiker zu importieren. Vielmehr müssen die in einem Land aktiven Politiker und Parteien die Chance haben, in anderen Ländern zu kandidieren, so dass sich ihre Anreize ändern. Deshalb muss das System durch ein internationales Abkommen vereinbart werden, oder von der Weltgemeinschaft in möglichst vielen Ländern verordnet werden, so dass sich ein schöner, grosser, und funktionsfähiger internationaler Markt für gute Politik entwickelt.

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