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I Ging - Das Buch der Wandlung

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In diesem Video stellt Ihnen Jürg Conzett, der Gründer der Sunflower Foundation, eines der wichtigsten und ältesten Bücher der Menschheit vor – das chinesische Weisheitsbuch I Ging. Es führt in die kosmologische und philosophische Gedankenwelt des alten China und regt mit seinen 64 symbolischen Bildern die Menschen bis heute zur inneren Einkehr an. Immer wieder wird das I Ging auch als Orakelbuch verwendet, das Antwort gibt auf Fragen wie «Wo stehe ich?» oder «Was soll ich tun?». Aber ist es das überhaupt? Jürg Conzett sagt hier, was er davon hält und warum das Buch ihn fasziniert.

 

 

Das älteste Buch der Welt: I Ging

Das I Ging ist das älteste Buch der Welt. Sein Hauptteil wird Wen Wang im 12. Jahrhundert v. Chr., einem Weisen und Gründer der Zhou-Dynastie, zugeschrieben.

Seine Ursprünge aber verlieren sich vor 6000 Jahren in mystischer Vergangenheit. Das I Ging gehört zu den wichtigsten Büchern der Weltliteratur. In ihm ist die Weisheit von Jahrtausenden enthalten, die auch für den heutigen Menschen noch Gültigkeit hat.

So ist es kein Wunder, dass die beiden Hauptzweige der chinesischen Philosophie, Konfuzianismus und Taoismus, hier ihre gemeinsamen Wurzeln haben.

Bis tief in den Alltag hinein ist das ganze chinesische Leben vom Einfluss des I Ging durchdrungen.

Es stellt das Universum als kosmische Ganzheit dar, in der Natur und Mensch Teil desselben Systems sind. Das Buch der Wandlungen ist zwar ein tiefsinniges Buch, bietet aber dem heutigen Verständnis keine grösseren Schwierigkeiten als irgendein anderes Buch, das auf dem Weg einer langen Geschichte aus dem Altertum in unsere Gegenwart gelangt ist.

Ist das I Ging ein Orakelbuch, wie immer wieder behauptet wird? Fragen wie «Wo stehe ich?», «Warum bin ich in dieser Situation?». «Was wird daraus?» oder «Was soll ich tun?» haben die Menschen seit jeher beschäftigt. Als Weissagungsbuch kann das I Ging zum Verständnis der gegenwärtigen Lage konsultiert werden und zum Erkennen der Zukunft, zu der sich die Gegenwart wandeln wird. Aber meiner Meinung nach ist das I Ging kein Orakelbuch, denn es gibt keine Zukunft im Sinne einer logischen Fortentwicklung. Es ist vielmehr ein Fenster der Intuition und ein Zeichen für den Rhythmus des Lebens.

Seine Grundlage sind die 64 Hexagramme. Wenn ich die Einzelnen sinnend betrachte, geben mir ihre Bilder Antwort auf eine Frage im Sinne einer allumfassenden Eingebung.

Mit dem sechsmaligen Werfen von drei Münzen finden Sie die sechs Linien eines Hexagramms.

Dieses ist aus festen und aus durchbrochenen Linien zusammengesetzt.

Die festen Linien stehen für Yang, das männliche kosmische Prinzip. Die durchbrochenen stehen für Yin, das weibliche kosmische Prinzip.

Die 64 Zeichen des I Ging

Die 64 Zeichen des I Ging stellen tiefe Aspekte der menschlichen Psyche bildhaft dar, heute wie vor 6000 Jahren. Solche tiefen Aspekte nennt man Archetypen, Urvorstellungen, die allen Menschen gemeinsam sind. Symbole wirken unmittelbar und stark. Am liebsten sehe ich die 64 I-Ging-Hexagramme als archetypische Bilder an, die auf jegliche Fragen antworten können.

Der Mensch aber mit seinem Bedürfnis nach Erklärungen gibt sich selten mit Symbolen allein zufrieden. Schon der Chinese fragte: «Was soll ich tun?», als er das Zeichen sah.

So geschah es, dass mit der Zeit die symbolischen Hexagramme des I Ging mit Worten interpretiert wurden. Alles verkomplizierte sich und immer spitzfindigere Spekulationen umgaben das Buch der Wandlungen wie mit einer Wolke des Geheimnisvollen. Versteht man die Bilder nicht, so braucht man natürlich Erklärungen. Je erfahrener man aber im Umgang mit dem I Ging ist, desto belangloser wird der Text.

Das Anliegen dieser Präsentation ist es, zu den ursprünglichen Bildern des I Ging zurückzukehren und es archetypisch wirken zu lassen.

Deshalb habe ich die 64 Hexagramme des I Ging in gezeichnete Bilder «übersetzen» lassen. Die Zeichnungen stammen von Silvia Oberholzer.

Lieblingshexagramme

«Der Brunnen». Die Bedeutung dieses Bildes ist durch folgenden Satz wunderbar getroffen: «Je tiefer der Brunnen, desto klarer das Wasser.» Das kann für den Arzt gelten, der seinen Patienten besser helfen kann, je tiefer seine Kenntnisse sind, oder für den Heiler, der nur mit tiefem Wissen etwas ausrichten kann.

Auch «Die Fülle» ist eines meiner Lieblingsbilder. In der wohl bedeutendendsten Übersetzung des I Ging ins Deutsche von Richard Wilhelm heisst es dazu: «Im Innern Klarheit, nach aussen Bewegung, das gibt Grösse und Fülle.» Könnte man dies besser sagen? Wer sich innerlich bewusst und klar ist, wer seine Gedanken fokussiert und weiss, was er vollbringen will, und zusätzlich nach aussen aktiv ist, der gelangt zu Überfluss. Die «Empfängermentalität» der heutigen Zeit ist doch das genaue Gegenteil: nach aussen passiv, im Innern im Trüben. Wen wundert’s, dass mit dieser Mentalität der Überfluss trügerisch ist?

Oder «Innere Wahrheit»; hierzu lässt sich sagen: «Dort wo die Wahrheit liegt, sind die Gegensätze verschmolzen.» Was würde der moderne Richter mit dieser Erkenntnis anfangen? Der heutige Richter meint, die Wahrheit liege eher beim sozial Schwächeren oder beim rhetorisch brillanteren Prozessanwalt.

Die Idee der Wandlung

Das Buch der Wandlungen bietet erstaunliche Einsichten in die inneren Mechanismen der Veränderung, des ständigen Flusses, der die Welt, in der wir leben, immer wieder erschafft und verändert. Findet man mit dem archetypischen Bild nicht genügend Antworten auf eine Frage, so kann man es auch mit der Wandlung des Bildes versuchen. Denn das Wichtigste beim I Ging ist die Idee der Wandlung.

Es bestehen drei Möglichkeiten der Wandlung:

Da das Hexagramm, d. h. die sechs Linien, aus zwei übereinander liegenden Trigrammen besteht, kann man diese umkehren. So entsteht aus «Wahrheit» das Konfliktzeichen «Des Grossen Übergewicht»; das erste zeigt Stabilität, das zweite dagegen Instabilität.

Die zweite Möglichkeit der Wandlung besteht darin, die Linien 2, 3 und 4 für das erste Trigramm zu verwenden, die Linien 3, 4 und 5 für das zweite Trigramm. So entsteht aus «Wahrheit» das Symbol «Ernährung» und dies sagt aus, dass das richtige Denken die Grundlage zur Findung der Wahrheit ist.

Die dritte Möglichkeit ist, eine der Linien zu wandeln. Wandelt man z. B. die fünfte Linie von «Wahrheit», so gelangt man zur «Minderung» und erhält die Mahnung zur Geduld.

Das Prinzip der Wandlung verbindet so alle Zeichen miteinander. Die Präsentation will Anregungen geben, wie man mit den 64 Hexagrammen spielen, sich der Kontemplation hingeben und meditieren kann.

Meistens werden die 64 Hexagramme den acht Urzeichen zugeordnet. Diese Urzeichen sind Himmel, Erde, Berg, See, Wasser, Feuer, Donner und Wind. Und diese acht Zeichen bilden das Fundament des I Ging. Sie sind die Bausteine jeglichen Hexagramms.

In Gedanken nun kann man die Hexagramme drehen oder die einzelnen Striche wandeln. Das Zeichen Feuer, darüber der Donner: Das Bild wirkt, die Aussage ist eindeutig, ohne dass man die Erklärung nachschlagen muss. Die Energie des inneren Feuers und die Kraft des Donners vermögen viel. Kein Wunder, dass das Zeichen für Fülle steht. Wandelt man nur eine Linie, führt die Intuition schon zum nächsten Bild. Oder wie es C. G. Jung ausdrückte: «Wie ein Teil der Natur wartet es, das I Ging, bis es entdeckt wird.»

Signet Sunflower Foundation