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Prof. Reiner Eichenberger: Ist das Grundeinkommen finanzierbar?

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Grundkapital statt Grundeinkommen

  • Das bedingungslose Grundeinkommen ist eine faszinierende Idee. Für seine Verfechter ist es eine Art Befreiungstheologie. Sie argumentieren, dass es die Menschen vom Zwang zur Arbeit und der Abhängigkeit von einem Erwerbseinkommen befreit. Dank dem Grundeinkommen könnten wir arbeiten, weil wir wollen und nicht weil wir müssen. Zudem beseitigt das Grundeinkommen wenigstens auf den ersten Blick die Sozialfalle.
  • Wir müssen endlich etwas Wirksames gegen die Sozialfalle tun – aber etwas Finanzierbares. Wie das geht, könnten wir von guten Eltern lernen. Praktisch niemand kommt auf die verrückte Idee, seinen Kindern eine lebenslange Rente zu zahlen. Viele Eltern aber geben den Kindern ein Startkapital, von dem diese in schwierigeren Zeiten zehren oder sich eine Ausbildung finanzieren können. Das lässt sich auf den Staat übertragen. Jeder 20-Jährige soll vom Staat ein Grundkapital von 100 000 Franken erhalten, das er staatlich reguliert verwenden darf. So könnte man sich bei Bedarf für insgesamt gut drei Jahre eine Grundeinkommen auszahlen lassen oder man könnte damit ein Studium oder die Meisterprüfung finanzieren oder sich selbständig machen. So bekämen die bisherigen Sozialhilfebezüger perfekte Arbeitsanreize, weil sie neu ihr ganzes Arbeitseinkommen selbst behalten könnten. Zudem könnte man die Studiengebühren erhöhen und dem Wettbewerb zwischen den Universitäten freien Lauf lassen, denn die Bürger hätten ja jetzt ein eigentliches Bildungsgeld von 100 000 Franken. Das Grundkapital könnte das Sozialproblem also deutlich mildern, und in der Bildung gäbe es eine gerechtere Verteilung der Mittel, mehr Effizienz und mehr Chancengleichheit. Und: Ein bedingungsloses Grundkapital liesse sich problemlos finanzieren.

     

Grundeinkommen ist nicht finanzierbar

Das bedingungslose Grundeinkommen ist eine faszinierende Idee. Für seine Verfechter ist es eine Art Befreiungstheologie. Sie argumentieren, dass es die Menschen vom Zwang zur Arbeit und der Abhängigkeit von einem Erwerbseinkommen befreit. Dank dem Grundeinkommen könnten wir arbeiten, weil wir wollen und nicht weil wir müssen. Zudem beseitigt das Grundeinkommen wenigstens auf den ersten Blick die Sozialfalle: Heute sind die Arbeitsanreize von Sozialhilfebezügern klein. Sobald sie arbeiten und so selbst Geld verdienen, wird ihnen die Sozialhilfe praktisch 1:1 gekürzt. Das entspricht einem Steuersatz von 100 Prozent. Da ist es nicht verwunderlich, dass es vielen Leuten schwer fällt, sich aus der Sozialhilfe herauszuarbeiten. So betrachtet wäre das bedingungslose Grundeinkommen tatsächlich etwas Gutes, wenn es denn funktionieren würde.

Aber leider funktioniert es aus einem einfachen Grund nicht: es ist nicht finanzierbar. Vorgeschlagen werden heute zumeist 30‘000 Franken Grundeinkommen pro Jahr für alle. Wenn das Ganze nicht defizitär sein soll und auch nicht einfach eine grosse Umverteilungsübung sein soll, muss ein Durchschnittsbürger mit heute etwa 50‘000 Franken Einkommen sein eigenes Grundeinkommen aus seinem Arbeitseinkommen selbst finanzieren. Schon alleine dafür bräuchte es einen Steuersatz von rund 60 Prozent auf seinem gesamten Arbeitseinkommen. Hinzu kämen die Steuern für alle anderen Staatsleistungen. So wären schnell Durchschnittssteuersätze von 80 Prozent auf Arbeitseinkommen erreicht. Es ist deshalb nur zu offensichtlich. Die Rechnung der Befürworter des Grundeinkommens geht nicht auf. Man könnte noch einwenden, dass die Gutverdienenden einen grösseren Anteil tragen sollten. Aber auch dann klappt es nicht. Je weniger Personen die Last tragen, desto höher müssen sie belastet werden. Bekanntlich bringen aber Steuererhöhungen über 60 und mehr Prozent keine Mehrerträge mehr. Die negativen Anreize gegen Erwerbsarbeit und für legale und illegale Steuervermeidung sind offenkundig.

Deshalb fordern viele Befürworter des Grundeinkommens, dass dieses über die Mehrwertsteuer finanziert werden soll. Doch auch da bleibt die Rechnung gleich, einfach mit unbezahlbaren Mehrwertsteuersätzen. Die Finanzierung von 2500 Franken monatlich pro erwachsenen Einwohner würde wenigstens Kosten von rund 200 Milliarden Franken jährlich bedeuten. Ein Mehrwertsteuerprozent bringt knapp 3 Milliarden Franken Einnahmen. Es bräuchte also eine Mehrsteuer von 70 Prozent, alleine um das Grundeinkommen zu finanzieren. Damit ist die Idee tot.

Manche Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens argumentieren dagegen, dass natürlich nicht jeder einfach 30‘000 Franken bekommen würde, sondern dass der Betrag mit seinem Arbeitseinkommen verrechnet würde. Leider klappt auch das nicht. Die Steuersätze müssten immer noch unsinnig hoch sein, und die Idee würde sich selbst kanibalisieren: Das Grundeinkommen wäre dann nicht mehr bedingungslos. Vielmehr wäre es an die Bedingung geknüpft, dass man nicht oder wenig arbeitet. Damit ist die Idee toter als tot.

Startkapitel von 100'000 Franken für alle 20-Jährigen

Das Grundeinkommen funktioniert also nicht. Trotzdem müssen wir endlich etwas Wirksames gegen die Sozialfalle tun – aber eben etwas Finanzierbares. Wie das geht, könnten wir von guten Eltern lernen. Praktisch niemand kommt auch die verrückte Idee, seinen Kindern eine lebenslange Rente zu zahlen. Viele Eltern aber geben den Kindern ein Startkapital, von dem diese in schwierigeren Zeiten zehren können oder sich eine Ausbildung finanzieren können. Das lässt sich auf den Staat übertragen. Jeder 20-Jährige soll vom Staat ein Grundkapital von 100 000 Franken erhalten, das er staatlich reguliert verwenden darf. So könnte man sich bei Bedarf für insgesamt gut drei Jahre eine Grundeinkommen auszahlen lassen, oder man könnte damit ein Studium oder die Meisterprüfung finanzieren oder sich selbständig machen. So bekämen die bisherigen Sozialhilfebezüger perfekte Arbeitsanreize, weil sie neu ihr ganzes Arbeitseinkommen selbst behalten könnten. Zudem könnte man die die Studiengebühren erhöhen und dem Wettbewerb zwischen den Universitäten freien Lauf lassen, denn die Bürger hätten ja jetzt ein eigentliches Bildungsgeld von 100 000 Franken. Das Grundkapital könnte das Sozialproblem also deutlich mildern, und in der Bildung gäbe es eine gerechtere Verteilung der Mittel, mehr Effizienz und mehr Chancengleichheit. Und: Ein bedingungsloses Grundkapital liesse sich problemlos finanzieren.

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