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Prof. Reiner Eichenberger: Was bringt die Zuwanderung für die Schweiz?

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Personenfreizügigkeit – theoretisch unschädlich, praktisch unsäglich

  • Für die bishe­rigen Einwohner der Schweiz ist die Zuwande­rung aufgrund der Personenfreizügigkeit weit weniger vorteilhaft, als es unsere Regierung stereotyp behauptet. Aber natürlich hat die Personenfreizügigkeit nicht nur Nachteile. Grosse Gewinner sind insbesondere die Zuwanderer selbst sowie Schweizer, die mehr Land und Wohnraum besitzen, als sie zum Eigenbedarf benötigen. Der Königsweg für die Schweiz besteht deshalb nicht darin, die Zuwanderung durch Kontingente und Quoten zu reduzieren. 
  • Vielmehr sollte zum einen der Arbeitsmarkt über die EU hinaus auch für Bürger von Drittländern stärker geöffnet werden. Zum anderen sollte ein Teil der grossen Gewinne der Zuwanderer durch gezielte Steuern und Abgaben zugunsten der bisherigen Be­wohner der Schweiz umverteilt werden. Damit erst wird Zuwanderung auch für die bisherigen Einwohner vorteilhaft, und dadurch wird die Zuwanderung sowie das Bevölkerungswachstum in vernünftigen Grenzen gehalten.

Prof. Reiner Eichenberger spricht über die Personenfreizügigkeit

Verlierer sind die bisherigen Einwohner

Die hohe Zuwanderung bringt zwar ein viel zu hohes Bevölkerungswachstum und bläht so die Gesamt­wirtschaft auf, aber sie bringt kein Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens. Das sagen nicht nur die ökonomische Logik, sondern auch die bisherigen Studien. Doch die Zuwanderung hat noch viel wichtigere Folgen. Sie bringt eine Verknap­pung von natürlich knappen oder politisch knapp gehaltenen Faktoren wie Boden, Infrastruktur und Umweltqualität. Dadurch stei­gen die Wohn-, Infrastruktur-, Energie- und Verkehrskosten, wodurch das Niveau unseres realen Wohl­stands sinkt, bis ein Wanderungsgleichgewicht erreicht ist: Der reale Wohl­stand in der Schweiz wird dereinst nur noch um die Wanderungskosten über dem Wohl­stand in der EU liegen. Tatsächlich ist unsere Welt voller solcher Wanderungsgleichgewichte. So ist der Kanton Zug ein besonders attraktiver Standort mit vielen Vor­teilen. Das Gleiche trifft für Grossregionen wie München zu, das in vielerlei Hinsicht sehr attraktiv ist. Aber warum ziehen nicht viel mehr Leute nach Zug oder München? Einfach darum, weil die Boden- und Mietpreise und all die anderen natürlichen Knappheiten die Vor­teile praktisch vollständig kompensieren.

Die Verlierer der Personenfreizügigkeit sind die bisherigen Einwohner der Schweiz. Wirklich ärgerlich ist jedoch, dass unsere Regierung und unsere Spitzenverbände nicht ernsthaft auf die so offensichtli­chen Probleme eingehen. Dahinter stecken nicht nur Eigeninteressen. Vielmehr stecken sie in vielerlei Denkfallen fest. Besonders wichtig sind die folgenden vier:

 

Prof. Reiner Eichenberger spricht über Denkfallen in Hinischt auf die Personenfreizügigkeit

Steuern und Abgaben zugunsten der Bevölkerung

 

Erstens glauben viele, «die Schweiz sei auf die vielen Zuwanderer angewiesen». Das stimmt für einzelne Berufe, etwa für gute Universitätsprofes­soren. In vielen Bereichen aber sind Schweizer gerade wegen des hohen Ausländeranteils knapp. So sind heute über ein Drittel der Ärzte Ausländer. Das ist bei einem Ausländeranteil in der Bevölkerung und damit wohl auch bei den Patienten von 25 Prozent nur natürlich.  Die Schweizer sind in vielen Bereichen aus ausbildungsbedingten, rechtlichen oder sprachlichen Gründen übervertreten, etwa bei den Anwälten, hohen Verwaltungsstellen, der Polizei oder der Kleinkindererziehung. Folg­lich müssen sie in all den anderen Bereichen, in denen sie keine speziellen Vorteile haben, untervertreten sein.

Zweitens wird behauptet, «die Zuwanderung helfe, vakante Stellen zu besetzen». Die Möglichkeit, Vakanzen einfacher oder billiger zu füllen, zieht aber neue Investitionen und Fir­men an. Diese stellen dann auch Leute an, die sonst bei anderen Firmen gearbeitet hätten. Dadurch erhöht sich die Personalknappheit wieder auf das alte Niveau. Zugleich schafft die Zuwanderung neue Nachfrage, was wiede­rum Lücken und damit «Bedarf» nach neuer Zuwanderung schafft. So müssen für all die Zuwanderer Wohnungen gebaut werden. Das schafft viele Arbeitsplätze – grossenteils für neue Zuwanderer.

Drittens wird behauptet, «die Zuwanderung reguliere sich von selbst. Zuwanderer kämen nur, solange neue Stellen geschaffen werden». Aber auch das ist falsch. Die Zahl offener Stellen wird weit weniger durch den Zuwachs von Arbeitsplätzen als durch die natürliche Fluktuation infolge Jobwechsel und Pensionierungen geprägt. So sind auch in schlechten Zeiten jährlich 400’000 Stel­len neu zu besetzen, so dass die Zuwanderung dann kaum abnehmen wird.

Viertens wird behauptet, «die Zuwanderer brächten fiskalische Überschüsse, weil sie mehr Steu­ern und Abgaben bezahlen, als sie vom Staat Leistungen beziehen». Das aber stimmt nur unter sehr speziellen Bedingungen. Sobald Zuwan­derer Kinder in der öffentlichen Schule haben, müssen sie sehr gut verdienen oder sehr lange bleiben, bis es sich für die Schweiz lohnt. Weil aber gutqualifizierte Zu­wanderer öfter und schneller zurückwandern als geringqualifizierte, bringt die heutige Zuwanderung längerfristig keinen fiskalischen Überschuss.

Für die bishe­rigen Einwohner der Schweiz ist die Zuwande­rung aufgrund der Personenfreizügigkeit also weit weniger vorteilhaft, als es unsere Regierung stereotyp behauptet. Aber natürlich hat die Personenfreizügigkeit nicht nur Nachteile. Grosse Gewinner sind insbesondere die Zuwanderer selbst sowie Schweizer, die mehr Land und Wohnraum besitzen, als sie zum Eigenbedarf benötigen. Der Königsweg für die Schweiz besteht deshalb nicht darin, die Zuwanderung durch Kontingente und Quoten zu reduzieren. Vielmehr sollte zum einen der Arbeitsmarkt über die EU hinaus auch für Bürger von Drittländern stärker geöffnet werden. Zum anderen sollte ein Teil der grossen Gewinne der Zuwanderer durch gezielte Steuern und Abgaben zugunsten der bisherigen Be­wohner der Schweiz umverteilt werden. Damit erst wird Zuwanderung auch für die bisherigen Einwohner vorteilhaft, und dadurch wird die Zuwanderung sowie das Bevölkerungswachstum in vernünftigen Grenzen gehalten.

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