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Geld als Denkform I: Funktion

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Dass Geld das Denken der Menschen prägt, liegt auf der Hand. Die Notwendigkeit, zu Geld zu kommen, verlangt jedem ohne Unterlass Überlegungen ab, wie er sich dafür zu verhalten hat, was er zu Geld machen kann, wofür sich bezahlen lassen, was er sich mit diesem Geld leisten kann und will, und wie er sich insgesamt formen muss, um einer Notwendigkeit zu genügen, von der sein Leben abhängt. Aber die Prägung des Denkens durch die Notwendigkeiten des Geldes setzen auch sehr viel tiefer an.

Der Geldwert als reine Zahl

Denn Geld verlangt es einem jeden ab, die Dinge und nachgerade alles in dieser Welt in der Form von Wert zu denken, in der Form von Tauschwert und Geldwert. Allein für den so einfachen Vorgang des Kaufens müssen wir alles, was wir kaufen, ja, alles, was wir je würden kaufen können, zugleich als den Wert ansehen, den es in der Form von Geld und Geldwert kostet. Und das ist eine sehr besondere Form. Sie ist zum einen natürlich eine Zahl, ein Quantum. Der Wert einer Ware, da er Geldwert darstellt, lässt sich grundsätzlich beziffern, er wird in einer Zahl angegeben. Doch das Besondere an dieser Zahl ist es, dass sie nicht etwas zählt, nicht Äpfel, nicht Birnen, nicht sonst irgendetwas. Gerade weil der Geldwert gedachterweise ja in allem steckt, nicht nur in Äpfeln oder Birnen, sondern virtuell in jedem nur irgend denkbaren Ding, ist es nicht die Zahl von etwas, von etwas Bestimmtem also, sondern nur Zahl, reine Zahl. Und in dieser Form, in der Form reiner Zahlen, sind wir durch das Geld gezwungen, alles nur Mögliche auf dieser Welt zu denken: Wir denken es rein quantitativ, in rein quantitativer Form.

Die Dinge dieser Welt müssen sich rechnen

Dass dies die Menschen tatsächlich tun, sobald sie in einer geldvermittelten Gesellschaft leben, zeigt sich etwa im historischen Aufkommen einer Mathematik, die anders als alle frühere Rechenkunst mit diesen reinen Zahlen umgeht: in den Infinitesimalverfahren, in Zahlenstrahl oder Koordinatenachse, in der mathematischen Funktion. Diese Mathematik tritt im Europa des 17. Jahrhunderts auf, als es dort zu einer Gesellschaft und Wirtschaft kommt, die hauptsächlich auf Geld beruht. Und mit dieser Mathematik, an der sich aber nur besonders exponiert zeigt, in welcher Form wir die Dinge auch alltäglich zu denken haben, wird jede Eigenschaft, jede Eigenart und jeder Inhalt, egal wovon, als blosser Zahlenwert gedacht. Die Welt und die Dinge werden damit berechenbar, das zum einen: Das wird zur Grundlage der modernen Naturwissenschaften. Aber berechenbar werden sie, indem alles in bezifferbarer Menge gleichen leeren Werts gedacht wird: als gleichgültig. So verlangt es das Geld und so werden die Dinge dieser Welt denn auch behandelt: gleichgültig vor der Tatsache, dass sie – so heisst es nicht umsonst – sich rechnen müssen.

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